Imogen Simmonds
Nachdem sich die 26-Jährige bei ihrer ersten Langdistanz in Frankfurt unerwartet für die Weltmeisterschaft qualifiziert hatte, startete sie in diesem Jahr erstmals beim Ironman Hawaii. Wir trafen die junge Schweizerin während der Rennwoche auf Hawaii, waren mit ihr laufen und bekamen einen Einblick in ihren Alltag, ihre Wettkampfvorbereitungen und in einige tolle Momente, die sie erleben durfte. Wir sind stolz sie in unserem Team und in der Ryzon Community zu haben.
Wie fühlt es sich für dich an, dieses Jahr in Kona an der Startlinie zu stehen? War Kona dein großes Ziel diese Saison?
Nein, ich habe nie gedacht, dass Kona eines der Hauptrennen für mich in diesem Jahr sein wird. Mein erster Ironman überhaupt war dieses Jahr in Frankfurt und da wollte ich einfach nur ins Ziel kommen. Deshalb war es für mich eine totale Überraschung, dass ich die Qualifikation für Kona geschafft habe. Und natürlich wollte ich diese große Chance unbedingt nutzen, was meine Saisonplanung nochmal sehr verändert hat. Ich fühle mich noch wie ein blutiger Ironman Anfänger. Deshalb bin ich für Kona auch noch nicht wirklich bereit, vor allem wenn ich an die extremen und für mich unbekannten Bedingungen auf Hawaii denke. Ich habe mir für das Rennen keine große Ziele gesetzt und möchte einfach nur alles genießen und alles mitnehmen, was mir für die weiteren Rennen hilft.
Wie hast du dich physisch als auch psychisch auf das Rennen vorbereitet? Hast du etwas anders gemacht als sonst?
Physisch habe ich nicht viel geändert. In Frankfurt habe ich gesehen, dass mein bisheriges Training gut für mich ist und funktioniert. Außerdem hätte eine große Änderung im Training, bei nur 3 Monaten zwischen den beiden Rennen, wohl eher mehr Risiko bedeutet. Aber ich war mir über die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit bewusst und hab mich auch deshalb in Texas auf das Rennen vorbereitet. Aber mehr nicht. Ich weiß, dass ich noch ganz am Anfang meiner Karriere stehe und noch viel lernen und meine Leistung verbessern muss. Aber ich möchte den Weg genau so weitergehen, wie ich es bis jetzt getan habe. Deshalb habe ich für Kona genauso trainiert wie sonst auch. Ich habe diese Saison viele Tempoeinheiten gemacht und bin als Vorbereitungs-Rennen für den Ironman Hawaii bei der 70.3 WM in Nizza gestartet. Kona ist eine mentale Herausforderung. Zusätzlich habe ich meditiert, was mir hilft ruhiger und fokussierter zu werden. Hier in Kona versuche ich mich von dem Trubel in der Rennwoche fern zu halten, um wirklich abschalten zu können und Ruhe zu finden.
Wie steht es um das Team um dich herum? Wie wichtig ist für dich die Unterstützung als Athletin?
Der Schlüssel zum Erfolg ist es meiner Meinung nach meine Trainingspartner, mein Coach, meine Sponsoren und vor allem meine Familie um mich zu haben, denen ich vertrauen kann. Ich bin mir sicher, dass das jeder andere Athlet auch so sieht. Das ist auch der Grund, warum so viele Athleten nach den Rennen ihren Teams Danken. Niemand könnte seine Ziele erreichen, ohne die Unterstützung des Teams.
Kannst du beschreiben, was ein einzigartiger Moment im Rennen oder Training für Dich ist? Oder warum du den Sport so liebst?
Das ist auf jeden Fall super individuell und subjektiv. Aber so einen Moment hatte ich erst heute Morgen. Beim Schwimmtraining im offenen Meer, schwamm ein Schwarm Fische unter mir her. Natürlich konnte ich dann nicht meine gewohnte Zeit schwimmen, weil ich vielleicht ein bisschen zu begeistert war. Genau solche Momente machen diesen Sport aus. Generell liebe ich es draußen zu trainieren und dabei frische Luft zu atmen. Das ist auch der Grund, warum ich es so gut es geht vermeide, mein Training nach Innen zu verlagern. Wann immer sich die Möglichkeit bietet in den Bergen Rad zu fahren, nutze ich sie. Es geht nichts über das Gefühl, nach einem steilen Anstieg die Spitze des Berges erreicht zu haben. Ich bekomme auch einen totalen Endorphinschub, wenn ich ein super hartes Training absolviert habe. Gerade dann, wenn ich schon im Vorfeld Angst hatte. Aber das Gefühl danach, wenn das Training fertig ist und ich zudem auch noch meine Zeit verbessert habe, ist pure Erfüllung. Ich genieße aber auch die Zeit für mich alleine, wenn ich zum Beispiel einfach nur einen Kaffee trinken gehe.
"Ich bin fest der Meinung, dass die schönsten und einzigartigen Momente unerwartet passieren"
Ja der Meinung bin ich auch! Solche Momente kann man einfach nicht planen.
Ja, sie passieren einfach, wenn man sie am wenigsten erwartet. Genau so war es beim Ironman in Nizza. Ich hätte niemals erwartet, dass ich mit den besten Fahrerinnen mithalten kann. Auch der Moment in Nizza, als ich nach drei Stunden aus den Bergen wieder in Richtung Wechselzone rollte, war super surreal. Die meiste Zeit auf der Strecke war es sehr leise, weil es nicht möglich war für die Zuschauer sich an den Streckenrand zu stellen. Aber dann unten angekommen, brach ein Getöse aus und alle haben uns angefeuert. Die ganzen Seiten waren voller Zuschauer die uns zugejubelt haben. Erst da habe ich mich wieder dran erinnert, dass ich im Rennen bin. Zuvor habe ich es komplett ausgeblendet.
Woran denkst du, während eines Wettkampfes? Gibt es was bestimmtes, an das du dann denkst?
Es kommt drauf an. Manchmal sind es zufällige Dinge, die mir in den Kopf kommen. Aber die meiste Zeit versuche ich mich selbst zu pushen. Bei Abfahrten auf dem Rad ist das einzige, was ich denke, „jetzt nicht vom Rad fallen“ und dabei ruhig zu bleiben. Also ich versuche schon die meiste Zeit komplett konzentriert zu sein.
Offensichtlich ist der Fokus und die Konzentration ein wichtiger Aspekt im Rennen. Aber inwiefern spielt Spaß eine Rolle für dich im Rennen?
Für mich ist es super wichtig Spaß zu haben. Ich genieße das, was ich tue. Das ist der Grund warum ich diesen Sport so gerne mache. Ich habe schon soviel erlebt, wie zum Beispiel beim Training in Thailand. Natürlich ist es hartes Training und am Ende immer noch ein Wettbewerb, aber wir geben uns gegenseitig so viel Energie und das macht einfach Spaß. Ich weiß auch, dass einige Athleten in Askese leben und vier Monate als Vorbereitung nur dasselbe Essen. Ich persönlich könnte das nicht. Aber jeder Mensch ist anders, ich bin da ziemlich entspannt. Ich denke, dass das eher gegen mich arbeiten würde und meine Leistung negativ beeinflussen würde.
Wie schaffst du es, jeden Morgen aus dem Bett zu kommen und zu trainieren? Vor allem an Tagen, an denen du keine Lust hast dich zu quälen?
Es gibt einige Tage, an denen es mir schwer fällt aus dem Bett zu kommen, weil mir alles weh tut. Das ist auch ein Grund warum Trainingspartner so wichtig sind, wenn wir verabredet sind, kann ich nicht einfach liegen bleiben. Zudem ist es nicht einfach nur Training, sondern ich sehe es eher als mein Job. Ich hinterfrage es einfach nicht morgens früh zu trainieren. Es ist wie für jeden anderen auch, der morgens zur Arbeit fährt. Aber wenn ich alleine trainieren muss, wird es auf jeden Fall schwieriger diszipliniert zu sein. Aber auch dann bekomme ich es meistens hin, meine Motivation beizubehalten.
Also ist dein Training reine Routine mittlerweile, dass es für dich egal ist, was du machst?
Ja schon. Manchmal muss ich mich selbst austricksen, indem ich mich nach dem Training belohne. Aber sonst ist es wirklich mittlerweile Routine.
Bist du abergläubisch?
Ein bisschen vielleicht. Es gibt ein paar Dinge an die ich glaube, Karma ist eines davon. Aber im Großen und Ganzen glaube ich nicht an so Sachen wie, dass mir etwas jetzt Unglück bringt. Wie zum Beispiel „heute darf ich nur mit dem rechten Fuß aus dem Bett steigen“.
Vielen Dank für Deine Zeit.